„In welchem hohen Maße die griechisch-römische Antike impulsgebend für die Architekturgeschichte war, zeigt sich nicht allein an den zahlreichen formalen Adaptionen antiker Baumuster in nachantiken Zeiten, sondern schon in der Nomenklatur: Der Begriff ist dem lateinischen Wort architectura entlehnt, das den planerisch–gestalterischen Umgang mit Baukunst beschreibt. Vitrus´ um die Zeitwende entstandene Schrift „De architectura libri decem“ („Zehn Bücher über die Architektur“) formuliert dieses bis heute andauernde Verständnis umfassend und zeigt zugleich dessen antike Wurzeln“
Zitat von Christoph Höcker, Professor für klassische Archäologie, Alte Geschichte sowie Vor- und Frühgeschichte.
Die Architektur in den ersten Jahrhunderten des Staates Rom war stark von den Etruskern geprägt. Als im 2. Jh. v. Chr. der Einfluss der griechischen Architektur immer stärker wurde, setzte ein Aufschwung ein. Rom übernahm einen Großteil der Architektur Griechenlands und passte es an die eigenen Bedürfnisse an. Elementare Bestandteile wurden die Bautechnik mit behauenem Stein und die drei griechischen Säulenordnungen (dorisch, ionisch, korinthisch).
Die Blütezeit, die unter Augustus (27 v. Chr. – 14 n. Chr.) einsetzte, spiegelte sich in der Architekturwende. Augustus rühmte sich damit, die Ziegelstadt Rom, in eine Stadt aus Marmor verwandelt zu haben. Das war zwar eine Übertreibung, aber von nun an wurde die römische Architektur monumentaler und entwickelte ihren eigenen Stil.Die innovative römische Baukunst wird von Christoph Höcker folgendermaßen beschrieben: „Nicht nur Prunk und Größe, sondern auch die Haltbarkeit, die technische Ausgeklügeltheit und die immer wieder überraschende Funktionalität der Bauten war Gegenstand stetiger Bewunderung. Brücken- und Straßenbau, Wasserleitungen, mehrstöckige Hochhäuser, riesige Kuppelsäle und weit gespannte tonnengewölbte Basiliken waren Phänomene der römischen Architektur, die nachhaltig Generationen Maßstab und Herausforderung zugleich waren(…).“
Zu bemerken ist, dass die Römer das erste Volk im Abendland waren, welches Zweckbauten zwischenzeitlich den Vorrang vor Sakralarchitektur gab. Neben propagandistischen Bauten, wie Triumphbögen und Siegessäulen, trat die Freizeitarchitektur in Form von Thermen oder Amphitheatern in der Kaiserzeit immer mehr in den Vordergrund.
Vor allem Theaterbauten besaßen einen erheblichen gesellschaftlichen Stellenwert. Während sie in Griechenland auch als politische Versammlungsstätte dienten, wurden sie in Rom zum politischen Machtorgan, mit dessen Hilfe man das Volk kontrollieren konnte.
Als das wichtigste Erbe der römischen Architektur wird noch heute neben Bögen und Kuppeln der Beton angesehen.
Der aus dem Mörtel heraus entstandene Baustoff, den die Römer „opus caementitium“ bezeichneten revolutionierte die Bautechnik. Beton, der schnell aushärtete, stark belastbar, kaum zerstörbar war und trotzdem gegossen werden konnte, förderte den erheblichen Zuwachs an architektonischen Formen.
Die Betonbauweise ermöglichte Nischen, Eindrücke nach innen und außen, riesige Kuppeln, wie z. B. beim Pantheon, Stützpfeilerkonstruktionen, talüberquerende Aquädukte, sowie in Verbindung der Ziegelbautechnik extreme Hochhausverfahren. Außerdem entstand eine neue soziale Komponente: Waren für die griechischen Säulen- und Quaderarchitekten noch sehr viele hoch spezialisierte Handwerkstechniken und Gewerke nötig, so entstand durch die Betonbauweise eine neue Fertigungstechnik mit der sich sehr rasant ein großes Bauvolumen erzeugen ließ.
Von nun an konnten sehr viele Hilfskräfte, wie Sklaven, unter der Leitung weniger Spezialisten gewaltige Bauwerke vollbringen. Auch hierfür ist das Kolosseum ein ideales Beispiel.
Noch heute beherrscht die Betonbauweise, jetzt in Verbindung mit Stahl, die gesamte Architektur.