Bezug zum Oberthema
Die folgende Seminararbeit, mit dem Titel „Architektur der Extreme“ ist mein schriftlicher Teil des Seminarkurses 2011/2012 zum Thema „Menschliche Visionen und ihre Umsetzung in besonderen Perspektiven“.
Dieses Oberthema für unseren Seminarkurs entstand durch gezielte Gruppenarbeit. Zuerst erschien es uns nicht sonderlich leicht, für die Themen Stadtplanung, Architektur der Extreme, Vegetarismus und Positive Thinking einen gemeinsamen Nenner zu finden. Einen grundlegenden Schritt stellte die Abstrahierung unserer Themen auf ein Tätigkeitsfeld dar, was für Stadtplanung das Planen, für Architektur der Extreme das Bauen, für Vegetarismus das Essen und in Bezug auf Positive Thinking das Denken ergab. Nach einer kurzen, klasseninternen Diskussion, bei der sich herauskristallisierte, dass bei jeder unserer Seminararbeiten „das Besondere“ im Mittelpunkt stand, entschieden wir uns vorläufig für das Oberthema „Besondere Perspektiven“, was darauf beruhte, dass wir aus unseren eigenen Themen jeweils die Kernessenz herauszogen, wie „Beruf“ (Stadtplanung), „Gebauter Zeitgeist“ (Architektur der Extreme), „Lebensformen“ (Vegetarismus), und „Lebenseinstellungen“ (Positive Thinking).
Eine weitere Ergänzung boten die Vorschläge von Lehrern, wie „Mentale Einstellung im Innen und Außen“, „Kulturtechniken und ihre menschengemäße Ausrichtung“, Kreativität und Bewusstsein“, sowie „Visionen und Besonnenheit“. Nach weiteren Überlegungen kamen wir auf den Titel „Visionen und Ausdrucksweise in besonderen Perspektiven“.
Aber auch das war noch nicht das Endthema. Schlussendlich setzte sich der - nun offizielle - Titel „Menschliche Visionen und ihre Umsetzung in besonderen Perspektiven“ durch. Dieser Titel verbindet sowohl Innen und Außen und bezieht sich auf den jeweiligen besonderen Standpunkt der Betrachtung.
Auch das Thema meiner Seminararbeit ist nur durch diesen Entwicklungsschritt - von einer Vision zu deren Umsetzung - möglich, denn wie sollte ohne die geeignete, zielgerichteten Vorstellungen in Kombination mit dem Mut der architektonischen Ausführung, Architektur der Extreme entstanden sein.
Die Architekten und Auftraggeber meiner vier Bauwerke durften sich nicht von den großen Risiken, die ihre Ideen bargen, abschrecken lassen, sondern mussten vielmehr eine Schwelle durchschreiten, einen Horizont durchbrechen, um revolutionäre, nie dagewesene Architektur zu schaffen. Dieser Mut und das Selbstbewusstsein, die Chancen des Neuen über epochale Zweifel zu stellen, hätten in der Vorstellung allein wenig genutzt. Eine starke Persönlichkeit, wie sie zweifellos durch Brunelleschi am besten charakterisiert wird, musste die Kraft besitzen alle Barrieren zu überwinden und seine Ideen in Form extremer Architektur darzustellen.
Dabei reicht aber ein einzelner Vordenker allein nicht aus, sondern der Zeitgeist muss diese Idee hervorbringen.
An verschiedenen Beispielen werde ich nun darstellen, wie essentiell die Visionen - also die Zukunftsvorstellungen, welche Menschen faszinieren, in Bewegung setzen und ihnen Kraft zu deren Umsetzung geben - für jedes einzelne meiner vier Bauwerke waren.
Um erfolgreich das noch heute vom Volumen her größte Gebäude der Geschichte, also die Cheops-Pyramide, zu bauen, wäre es nicht ausreichend gewesen, lediglich viele Menschen für den Bau zu verpflichten. Da aber bei allen Ägyptern, nicht nur beim Auftraggeber, dem Pharao, das starke Bewusstsein an ein Leben nach dem Tod vorhanden war, half fast jeder beim Bau der Cheops-Pyramide mit voller Kraft mit. Ihre Vision, sich dadurch eine Dauerhaftigkeit für das Leben nach dem Tod zu erarbeiten, ließ sie Berge versetzen, oder eben gewaltige Pyramiden erschaffen.
Beim Kolosseum standen eher pragmatische Visionen im Vordergrund. „Brot und Spiele“ dienten als Belohnung für das Volk.
Aus der Perspektive heraus, Unruhen zu vermeiden und das römische Imperium zu konsolidieren, entstand das Kolosseum, die größte Arena der damaligen Zeit. Die Vision eines starken Roms, das sich mit dem Kolosseum ein Denkmal setzt und damit sogar die Pyramiden übertrifft, war so zentral, dass keine Mittel gescheut wurden, diese antike Großtat zu vollbringen.
Was Florenz betraf, so gab es schon lange wage Gedanken, wie der mittelalterliche Dom durch eine Kuppel vollendet werden sollte. Mit fortschreitender Zeit ging man dann soweit, das Schicksal herauszufordern, indem alle alten Kuppelpläne, da sie den Ansprüchen nicht exakt entsprachen, vernichtet wurden. Man ging nach dem Alles-oder-Nichts-Prinzip (wie es auch in der Biologie beim Aktionspotenzial der neuronalen Reizweiterleitung geschieht) vor. Es bestand das Ziel etwas Neues, Herausragendes zu bauen, wenn das nicht gelang, lieber gar nichts.
Mit Brunelleschi wurde dann auch, über Umwege, der richtige Mann mit den entsprechenden Visionen und allen vorhandenen Voraussetzungen zur Umsetzung und Verwirklichung gefunden.
Der Turm in Dubai erscheint vielen als banaler Machtausdruck eines reichen Ölscheichs, trotzdem steckt auch hier zielgerichtetes Gedankengut dahinter. Es sind nicht nur Aspekte, wie Aufmerksamkeit, die man erzielen will. Zum einen soll der Burj Khalifa die Existenzgrundlage Dubais sichern, darüber hinaus ist es aber auch das Verlangen die Werte und höchsten Ansprüche Dubais in Architektur, darzustellen. Diese Vision realisiert sich Dubai in Form des höchsten Turms der Welt.