Panem et circienses – für Brot und Spiele habe sich das römische Volk, so der Satiriker Juvenal, seine Macht von den Cäsaren abkaufen lassen. Von großzügigen Getreidegaben und Geldgeschenken, von glänzenden Gladiatorenkämpfen, Tierhetzen und Seeschlachten habe es die Ausübung seiner politischen Rechte abhängig gemacht.Immer wieder hätten sich strebsame Politiker gefunden, die um das dankbare Wohlwollen des Volkes zu gewinnen, Brot und Geld verteilen ließen und Kämpfe und Spiele sponserten.“

Indem Vespasian sein Monumentalbauwerk Amphitheatum Flavium nannte, wollte er deutlich machen, dass von nun an seine Dynastie, die Flavier, den Kaiser stellen würden.

Der Name Kolosseum entstand erst später und lehnt sich an die Kolossalstatue Neros an, welche sich in unmittelbarer Nähe befand.

Das Kolosseum war gleichsam ein Symbol, um der Welt Roms Machtanspruch zu demonstrieren und ein Machtinstrument zur Kontrollierung der Massen.

Als Rom wenige Jahrhunderte nach seiner Gründung das Königtum abgelegt hatte und zur Republik wurde, hatte das Volk ein großes Mitspracherecht in der Politik.

Jährlich wechselnde Konsule und ein Senat, der diese kontrollierte, stellten ein gut funktionierendes System dar. Aber die gewaltige Expansion Roms, machte es unmöglich, die Konsule jedes Jahr zu wechseln und zu kontrollieren.

Mit der Cäsarenzeit verloren die Bürger Roms jegliches Mitspracherecht, dafür setzte jedoch eine kulturelle Blüte unter Augustus ein.

Doch die Schreckensherrschaft Neros brachte eine große Unruhe mit sich. Die Römer hatten nun schon zu viele Herrscher kommen und in Blut gehen sehen.

Als Vespasian im Jahre 69 n. Chr. zum Kaiser Roms wurde, betrachtete er es als seine vornehmste Aufgabe, den schwer zerrütteten und fast am Rande des Abgrunds stehenden Staat im Innern zu festigen, erst dann ihm Glanz nach außen zu verleihen, berichtete Sueton, ein römischer Schriftsteller und Verwaltungsbeamter.

Bereits mit dem Bau des Kolosseums konnte Vespasian das Volk von der Straße holen. Schon alleine die Größe des Bauwerkes, dazu die Verkleidung mit Marmor und die mit Bildern bemalten Wände zogen alle in Bann. Für die Römer bedeutete das Kolosseum die Antwort auf die Pyramiden, die bis dahin gewaltigsten Bauwerke.Darstellung eines Gladiatorenkampfs

Die Gladiatorenkämpfe, die Veranstaltungen, der Handel, das gesamte Spektakel, war eine Ablenkung für das Volk. Und wenn dann in der Arena sogar noch historische Schlachten der Römer nachgespielt wurden, was sollte dann den Römern ein gößeres Gefühl von Zusammenhalt und Stolz auf ihr Imperium vermitteln?

Außerdem war das Kolosseum ein geniales Vorbild der Gesellschaft. Die soziale Stellung der Zuschauer bestimmte deren Sitzplätze in der Arena und war für alle deutlich sichtbar. Ganz vorne, in einer abgesicherten Tribüne saß der Kaiser, dessen Familie, sowie der Senat. Den zweiten Rang bildeten die „Eques“, also die Reichen Roms, und Vestalien. Im dritten und vierten Rang saßen die Bürger Roms, nach Ansehen und Einkommen geordnet. Stehplätze waren für Bettler, Ausländer und später auch Frauen vorbehalten.

Darüber hinaus konnte der Kaiser seine Macht demonstrieren, indem er Gladiatoren begnadigte oder hinrichtete. Um das Volk zu unterhalten, mussten Gladiatoren ihr Leben lassen und es wurden sogar Christen hingerichtet.

Die Ruinen des Kolosseums, das noch heute das Wahrzeichen Roms ist, spiegeln einerseits die Größe und  Entfaltung der römischen Kultur wieder, sind aber gleichzeitig ein Zeugnis von ihrem Elend und ihrem Verfall.Aufbau des Kolosseums

Daniel Libeskind, der Architekt des jüdischen Museums in Berlin, sieht das Kolosseum als Teil eines Kontexts:

Wir können das Kolosseum in Rom bewundern, weil wir es aus dem Kontext der Gladiatorenkämpfe lösen, in denen Menschen ermordet wurden. Aber wenn sie den Kontext mit einbeziehen, denken sie über so ein Bauwerk ein wenig anders. Es wurde gebaut, um Gewalt möglichst gut sichtbar zu machen. Ich kann es nicht bewundern.“

Trotzdem wird römische Architektur wie keine andere bewundert und bleibt den Menschen  vielleicht gerade wegen ihres historischen, politischen und sozialen Hintergrunds, im Gedächtnis.