Das Kolosseum vereinigt sowohl die architektonischen Errungenschaften der Römer, in Form von Bögen, Säulen, Stein-, Beton- und Ziegelbauweise, als auch politisch und gesellschaftliche Gegebenheiten, wie Zusammenhalt und Kontrollierung eines Volkes, in sich.
Das 50.000 – 90.000 Zuschauer fassende Kolosseum hat die Form einer Ellipse, weshalb es 188 Meter lang und 156 Meter breit ist. Der Umfang beträgt 527 Meter, die Höhe 44 Meter.
Die elliptische Form, welche auch der 84 m lange und 54 m breite Kampfplatz der Arena einnimmt, erlaubt es den Zuschauern näher am Geschehen zu sein, als bei einem Kreis.
Außerdem wurden auf dem Obergeschoss des Kolosseums Sonnensegel befestigt, die von 100 Seeleuten bei Bedarf, mit 240 im Gesims verankerten Stangen, über die Zuschauerränge gespannt werden konnten.
Das Kolosseum an sich bestand aus vier übereinander gebauten Geschossen. Der überall wiederkehrende Bautypus sind die Rundbögen. Im ersten Geschoss finden sich Säulen dorischer, im zweiten ionischer und im dritten korinthischer Ordnung.
Damit sind alle drei klassischen Säulenordnungen vorhanden.
Auch die Logistik des Kolosseums war eine technische Meisterleistung. 80 Eingänge, von denen vier für die oberste Schicht vorbehalten waren führten in die Arena, durch umlaufende Korridore und zahlreich Treppen auf die Tribünen. Deshalb konnte man das Kolosseum in 15 Minuten komplett füllen und leeren.
Kaiser Vespasian, der Nero auf den Thron folgte, sah es als seine wichtigste Aufgabe, das schwer zerrüttete Rom wieder zu ordnen und zu festigen. Rom war damals mit mehr als einer Million Menschen Einwohner, die größte Stadt der Welt. Das Volk war durch Neros Steuererhöhung ausgeblutet, oft arbeitslos und auf Spenden angewiesen. Aus diesem Grund begann Vespasian um 70 n. Chr. mit dem Bau des Kolosseums. Dieser Schritt war an Symbolkraft nicht zu übertreffen und die Römer sahen es als eine noch gewaltigere Leistung als die Pyramiden an.
Als Bauplatz wählte Vespasian den Park des viel gehassten Neros. Das machte zwar einen gewaltigen Eindruck, brachte aber sogleich das nächst Problem mit sich: Ein kleiner See musste entfernt werden. Dazu entwarf man ein ausgeklügeltes Kanalsystem, welches das Wasser in den Tiber leitete.
Aber noch immer gab es große Schwierigkeiten. Vespasian musste das Kolosseum so schnell wie möglich fertig stellen, um die innenpolitische Situation zu beruhigen.
Was er dazu benötigte waren Arbeitskräfte und vor allem Geld. Hierbei kam ihm der Augenblick entgegen. Sein Sohn Titus eroberte Jerusalem, plünderte die Tempel aus und brachte schätzungsweise 30.000 Juden als Gefangene mit. Indem er alle Juden als Sklaven verkaufte, sicherte sich Vespasian die finanzielle Grundlage seines Amphitheaters.So entstand das Kolosseum aus der Versklavung eines ganzen Volkes heraus. Aber auch die Kämpfe, die das Volk bei Laune halten sollten, waren ein blutrünstiges Vergnügen.
Man vermutet, dass sich rund ¼ der Bevölkerung Roms am Bau des Kolosseums beteiligte. Die Römer zeigten hier ihr enormes Geschick der Organisation, Planung und Entwicklung, durch das sie sich als Weltmacht behaupten konnten.
Beim Bau des Kolosseums wurde auf Massenproduktion gesetzt. Die Statik und Gestaltungsmerkmale des Kolosseums wurden in höchster Weise standardisiert und normiert. Genau diese Technik wird vor allem heute, in unserer industrialisierten Welt, angewandt.
Die Wiederholung einzelner Elemente ermöglichte es, dass sehr viele Menschen zugleich, unter der Aufsicht weniger Architekten/Spezialisten, beim Bau mithelfen konnten, da sie ja immer denselben Arbeitsvorgang hatten.
Der Rundbogen wurde in einer exzessiven Weise angewandt. Der komplette Außenring besteht aus 240 Rundbögen. Aber auch das Innere besteht fast gänzlich aus Rundbögen. Sich von außen nach innen verjüngend verlaufen sechs konzentrische Rundbogenringe im Inneren des Amphitheaters.
Die Zwischenräume wurden mit Vulkangestein ausgefüllt. Im gesamten Kolosseum wurden über 200.000 t Kalkstein verbaut, 100.000 Kubikmeter Travertin und 3.000 Tonnen Eisen, für die Klammern, die die Blöcke zusammenhielten. Nun drohte das Kolosseum aber unter seinem eigenen Gewicht zusammenzubrechen. Zwar verringerte der Rundbogen, durch den umspannten Hohlraum das Gewicht und ist zudem sehr tragfähig, trotzdem war der Kalkstein (im Inneren) sehr schwer.
Aber auch darauf fand man eine Antwort: Man entwickelte den Beton.
„Der römische Beton bestand aus dem „caementicum“, dem Bruch- oder Mauerstein, und dem „materia“, dem Mörtel, einer Mischung aus Sand und Kalk.“Mit dem Beton, insgesamt 6.000 Tonnen, der vielseitig verwendbar und leichter als Stein war, konnte man weite Bögen überspannen und Arkadenreihen bauen. Durch den Beton waren die Römer nun in der Lage große Zwischenräume zu überspannen und die Tribüne im richtigen Neigungswinkel zu errichten (Ø 37°). Beton alleine reichte aber nicht aus um die oberen Geschosse zu errichten und so verwendeten die Römer etwas, was für uns heute ganz normal erscheint, Ziegel- und Backsteine.
Das untere Rundbogengeschoss wurde aus schweren Steinen errichtet. Für die darauf aufbauenden Geschosse, wurden immer leichter werdende Kombinationen aus Ziegel- Betonbauweise verwendet. Dieses System ermöglichte es den Römern höher und leichter als ja zuvor zu bauen.
Für das Kolosseum wurden mehr als eine Million Backsteine verwendet, was einen enorm schnellen Nachschub voraussetzte. Aber wer, wenn nicht die Römer, sollten dafür eine Lösung finden.
Sogenannte „fabrice“, in denen Ziegel durch Massenproduktion hergestellt wurden, entstanden. So gab es schon 2000 Jahre vor Henry Ford die erste Fertigungsstraße!
Keine Probleme stellte der Transport des Materials an den Bauplatz dar. Durch das jeweilige Stockwerk und die damit entstehenden Aufgänge, Arkaden und Tonnengewölbe, baute man sich die Arbeitsplattform selbst, weshalb nur kleine Kräne benötigt wurden. Diese wurden mit Treträdern betrieben und funktionierten mittels Hebebaum, Haspel, Seil, Flaschenzug und drei bis fünf Rollen.Vespasians Nachfolger Titus weihte das Kolosseum im Jahre 80, also im ersten Jahr seiner Herrschaft mit hunderttägigen Eröffnungsspielen ein.
In den folgenden Jahren setzte ein wahrer Rausch bei der Bevölkerung ein. Es wollte immer mehr Blut sehen. Die Gladiatoren, zumeist Sklaven, wurden zu Superstars ihrer Zeit. Davon zeugen Wandzeichnungen von Fans an den Innenwänden der Amphitheater, welche z. B. mit dem Text: „Celadus, der Thraker, lässt die Mädchen seufzen“ versehen sind.Nur ein Volk, das glücklich ist, lässt sich leicht kontrollieren, wussten schon die römischen Kaiser. Um dem Sensationshunger des Volks nachzukommen, installierte man Abflüsse und hydraulische Elemente, wodurch, wie der Dichter Marzial schreibt, sogar Seeschlachten in der Arena stattfinden konnten.
Unter der Arena entstand später das Hypogeum, ein unterirdisches System, das Aufzüge, Rampen, Aufgänge, Kerker für zum Tode Verurteilte, Käfige für wilde Tiere und einen Zugang zu den Gladiatorenkasernen, besaß.
Dadurch wurden noch spektakulärere und unvorhergesehene Kämpfe möglich.Das Volk war begeistert.