Florenz, das damals ebenso groß wie London war, wollte mit ihrer Kuppel ein Symbol der staatlichen Macht errichten. Die neue Kuppel sollte nicht nur der zentrale Bestandteil der Kirche, sondern vor allem zum Träger der Staatsidee und das neue Wahrzeichen von Florenz werden.
Dennoch war sie, wie der Bau selbst, auch mit religiösen Aspekten, verbunden. Hierbei zeigt sich die Denkweise der Frührenaissance, in welcher man noch nicht so weit vom „göttlichen Empfinden“ abgewichen war.
Neben dem Zentrum des Gotteshauses sollte die Kuppel den neuen Mittelpunkt der Stadt markieren. Noch heute prägt der Dom mit seiner gewaltigen Kuppel das Stadtbild von Florenz und bildet einen Kontrast zu den typischen südländischen Häusern.
Schon 1367 entschloss man sich dazu, mit dem Bau einer Kuppel für den noch unvollendeten Dom neue Maßstäbe zu setzen. Die Konkurrenzsituation gegenüber anderen italienischen Städten war so groß, dass Florenz zwischenzeitlich fast 25% des gesamten Staatseinkommens in den Bau des Doms investierte.
Nachdem der Bau 1414 wieder ins Stocken geraten war, rief Florenz 1418 zu einem Wettbewerb auf, der über die Konstruktion der Kuppel entscheiden sollte. Schon zuvor hatte man alle alten Pläne vernichtet. Man zerstörte alle Brücken hinter sich, nach dem Motto: entweder eine neue, noch nie dagewesene Kuppel, oder gar keine.
Nach langem Widerstand fiel die Entscheidung auf Brunelleschis Entwurf. Seine revolutionäre Idee bestand darin, die Kuppel ohne ein Trägergerüst und stattdessen nur mit einem in die Kuppel verankertem selbsttragenden Klettergerüst anzufertigen. Somit entfiel ein riesiges und in dieser Höhe nicht realisierbares Lehrgerüst, welches viel zu schwer gewesen wäre.Damit wurden die zwei zentralen Probleme des Kuppelbaus, erstens der gewaltige Durchmesser von 43 Meter und zum zweiten der Bau der Kuppel in 52 Meter Höhe, gelöst.
Brunelleschi passte sich mit seiner oktogonalen Spitzkuppel an den gotischen Bau der Kirche an. Gestützt wird die, zwischen 1420 und 1436 gebaute Kuppel durch ein Rippensystem aus gemauerten Ziegelsteinen, die vertikal verlaufen und weiteren horizontalen Verbindungsrippen (Steinketten).
Die acht Rippen an der Oberfläche der Kuppel, welche sich im Zentrum treffen und dort in die Laterne übergehen, sind ein weiteres Detail, wodurch der gotische Stil nicht zerstört wird. Darüber hinaus wird gerade dadurch die Kuppel besonders markant und vermittelt dem Betrachter einen zum Himmel strebenden Eindruck. Die kunstvoll verzierte, mit Marmor verkleidete Laterne vollendet den Gesamteindruck der Kuppel. Dieses sehr spitz zulaufende Rippensystem ist der Träger für die äußere Hülle und das Ziegeldach, welches einen Kontrast zur sonstigen Marmorverkleidung am Äußeren der Kirche bildet.
Eine weitere Schwierigkeit des Kuppelbaus war das Gewichtsproblem, das bei diesen Dimensionen, auftrat. Brunelleschi konnte das Gewicht auf 29.000 Tonnen reduzieren, indem er die Mauern der Kuppel aus einer doppelten Ziegelsteinschale errichtete. Die Ziegellagen wurden in einem spiralförmigen Fischgrätverbund angeordnet.
Durch das Prinzip der sogenannten „Steinketten“, wurde der Kuppel eine zusätzliche Stabilität verliehen. In die Ziegellagen sind in regelmäßigen Abständen Ringe aus massiven Quadersteinen eingebaut, die mit Eisenklammern fest zusammengehalten werden. Gleichzeitig leistet dieses System eine zusätzliche Elastizität für die gesamte Kuppel.
Die Kuppel besteht aus zwei Schalen, wobei die innere Schale ca. zwei Meter dick ist. Der dazwischen liegende Hohlraum, der 1,5 Meter breit ist, verringert das Gewicht der Kuppel enorm. Dieser Hohlraum birgt darüber hinaus die Aufgänge und die Treppen, welche zur Plattform auf der Kuppel führen. Die innere Schale, sowie der Hohlraum und die äußere Schale mit einer Dicke von ca. einem Meter, verjüngen sich nach oben hin.
Die gesamte Kuppelkonstruktion ist mittels acht Eckrippen und 16 Mittelrippen, den Haupt- und Nebenrippen, verbunden. Auf Grund dieser Konstruktion ist das Ganze fast so stabil, wie ein massives Mauerwerk, aber wesentlich leichter.
Während der zwölf Jahre der Kuppelbauzeit wuchs die Kuppel pro Jahr nur um ca. 2,5 Meter an. Diesen langsamen Baufortschritt unterstreicht die Bedeutung der sorgfältigen Mörtelverarbeitung. Durch die schräge Neigungsfläche des Mörtelbetts und des Fischgrätverbands für das freitragende Mauerwerk, musste der Untergrund erst komplett aushärten, damit ein Abrutschen nach innen verhindert wurde.
Für die Laterne musste sich Brunelleschi erneut einem Wettbewerb unterziehen, aber er erlebte die Vollendung um 1472 nicht mehr.